Erstmals seit zwei Jahren sinkt der Vertriebsklima-Index, der die Neuauftragslage der Industrie- und Dienstleistungsunternehmen widerspiegelt. salesbusiness fragte Xenagos-Chef Christopher Funk nach den Gründen.
Die Ergebnisse des Sales-Indikators im zweiten Quartal 2011 lassen Vertriebsexperten aufhorchen. Erstmals nach zwei Rekordjahren sinken die Vertriebsquoten bei Neuaufträgen in der Industrie wieder. Im Frühjahr hatte sich die Absatzdynamik deutscher Unternehmen deutlich abgekühlt.
Eine Kurzumfrage von salesbusiness bei Vertriebsentscheidern in verschiedenen Branchenbereichen ergab, dass man jedoch lieber noch an das anhaltende Konjunkturhoch glaubt, das seit dem Krisentief im Jahr 2009 Rekordwerte bescherte. Kaum jemand wollte offiziell analysieren, wo es im Vertrieb eventuell hinkt und welche Gründe das veränderte Vertriebsklima haben könnte.
Die gute Nachricht: Insbesondere der Mittelstand profitiert derzeit noch von satten Bestandskundenaufträgen, vor allem bei Dienstleistungen. Laut dem jüngsten Sales-Indikator der Personalberatung Xenagos unter deutschen Vertriebsspezialisten zeigt sich, dass eine Hauptursache für die verschlechterte Auftragslage vor allem das Neukundengeschäft ist: Hier berichtet für das zweite Quartal zwar immer noch über die Hälfte der Befragten von besseren Abschlüssen. Im ersten Quartal dieses Jahres lag der Indexwert mit 63,4 Prozent jedoch noch um mehr als zehn Punkte höher. Der aktuelle Indikatorwert für das Neugeschäft fiel um 14,53 Punkte auf 43,22. Interessant ist jedoch, dass die Höhe der Angebote im Bestands- und Neukundengeschäft zusammen genommen nur um 0,85 Indexpunkte zurückgeht.
Handlungsbedarf?bei?wichtigen?Vertriebsstellschrauben
Bereits vor einem Jahr, während der Hausse des Vertriebsklimas, bescheinigten Vertriebsexperten Handlungsbedarf vor allem an den internen Vertriebsstellschrauben der Unternehmen. Die zentralen Punkte waren: Bei Aufträgen und Kunden stünden sich Unternehmen oft selbst im Weg. Denn bei fast 36 Prozent der fehlgeschlagenen Neuauftragsangebote seien die Hauptursachen dafür im eigenen Unternehmen aufgrund von Fehlern in der Produktoder Servicegestaltung, im Follow-up von Aufträgen
oder dem Marketing zu suchen. Häufig auch in zu langen internen Entscheidungswegen.
Bei externen Ursachen wurden damals naturgemäß am häufigsten Einflussfaktoren wie etwa der Wettbewerb im Markt, die allgemeine Konjunkturlage und der Preis als Hürden für mehr Neugeschäft genannt. Genauso wichtig ist jedoch die interne Analyse der Vertriebsaktivitäten. Dabei zeigte sich, dass größere Unternehmen darin wesentlich aktiver sind: 87 Prozent der Befragten können nämlich Ursachen für vertriebliche Fehlschläge im Kundenmanagement nennen. Besonders frappierend: Knapp ein Drittel der Führungskräfte und Vertriebsleiter kennen die Gründe für verlorene Aufträge häufig nicht genau.
Handelsexperte Joachim Stumpf, Geschäftsführer der Münchner BBE Handelsberatung GmbH, brachte kürzlich in salesbusiness die Marschrichtung für mehr erfolgreiches Neugeschäft auf den Punkt: „Hersteller und Handel müssen verstehen, dass Vertrieb nur miteinander funktioniert.“ Das klassische Win-Win, unter anderem der anhaltende Dialog mit dem Kunden, hat also noch nicht ausgedient.
erschienen in: salesbusiness, 10./11.2011
von Eva-Susanne?Krah
Interview
Drei Fragen zum Vertriebsklima in Deutschland an Christopher Funk, Geschäftsführer Xenagos GmbH:
salesbusiness: Herr Funk, laut dem Xenagos-Vertriebsklima-Index gab es im zweiten Quartal 2011 in der Industrie deutliche Signale für ein gebremstes Wachstum. Worauf führen Sie dies nach den Rekordhochs der vergangenen Quartale zurück?
Funk: Nach der sehr erfreulichen Entwicklung seit
Mitte 2009 zeigen sich für die deutsche Wirtschaft als Ganzes deutliche Bremsspuren. Laut Statistischem Bundesamt ist das BIP im zweiten Quartal
saison- und preisbereinigt nur noch um 0,1 Prozent gewachsen – allerdings im Vergleich zum sehr starken Jahresbeginn. Der IFO-Geschäftsklima-
Index ist bezüglich der Geschäftserwartungen um ganze drei Punkte gefallen. Das zeigt, dass die durch Xenagos befragten Vertriebsspezialisten das
Ohr nah am Puls der Wirtschaft haben: Verändert sich hier die Angebotslage, ist das offenbar ein zuverlässiges Signal für die Richtung der Volks-
wirtschaft. Ursachen für die Trendwende sind eine Normalisierung der Wachstumsraten im Abklingen des Aufholprozesses nach der Krise und ein
Mix aus den Faktoren, die wir heute täglich den Nachrichten entnehmen müssen.
salesbusiness: Gibt es eventuell in einigen Unternehmen oder Branchen auch interne, „hausgemachte Probleme“, beispielsweise durch Schwächen in der Neukundenakquise, falsches Pricing oder zu wenig Vertriebspower in den Teams?
Funk: Von der aktuellen Lage der klassischen Energieerzeuger einmal abgesehen, kann man von ganzen Branchen wohl nicht sprechen. Es gibt aber natürlich immer Unternehmen, die ihre Hausaufgaben nicht machen, falsche Akquise- und Vertriebsstrategien verfolgen oder sich schlicht nicht um ihre Talente im Vertrieb kümmern und so Kunden und Umsätze verlieren. Da wir uns in einem marktwirtschaftlichen System befinden, ist hier des einen Leid in der Regel des anderen Freud‘. Verlorene Marktanteile werden schnell von Wettbewerbern absorbiert.
salesbusiness: Wo zeichnet sich im Dienstleistungssektor eine steigende Auftragslage für den Vertrieb ab?
Funk: Der Xenagos-Sales-Indikator unterteilt zwar den Dienstleistungssektor aufgrund der Größe der Stichprobe nicht weiter. Wir sehen in der allgemeinen Entwicklung und natürlich auch bei unseren Kunden starke Wachstumsimpulse im IT/TK Umfeld, besonders bei neuen Internet- und E-Commerce-, Mobile- und Cloud Services. Positive Tendenzen gibt es auch bei Transport und Logistik, Medizin und Gesundheit, Umwelt und erneuerbaren Energien. Auch produktionsnahe Dienstleistungen legen zu. Schließlich setzt sich der langfristige Boom der HR Services in Deutschland deutlich fort. Mittel- und langfristig sehen wir diese Wachstumstrends – trotz wohl häufigerer Schocks – weiterhin als stark und intakt an.??«
Interview: Eva-Susanne Krah
erschienen in: salesbusiness, 10./11.2011
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