Herr Funk, im ersten Quartal 2010 gab es in Deutschland drei Prozent weniger offene Stellen als ein Jahr zuvor. Die Unternehmen stellen also nach wie vor verhalten ein. Wie sieht das im Vertrieb aus?
Besser. Hier waren es im ersten Quartal 2009 rund 51 000 Stellenangebote – ein Jahr später gut 10 000 mehr. Es passiert also langsam wieder was. Im vergangenen Jahr hielt bei vielen Unternehmen noch die Schockstarre an. Keiner wusste, wie es weitergehen würde. Also hat man oft auf Neueinstellungen verzichtet, obwohl die Leute gebraucht wurden.
Gibt es Bereiche, in denen Vertriebsprofis jetzt besonders gute Chancen haben?
Kaum eine Branche kann von sich sagen, dass sie die Krise nicht getroffen hat. Aber es gibt natürlich Geschäftsfelder, die weniger gebeutelt sind, etwa die Medizin- und die Pharmabranche. Insgesamt blickt die Wirtschaft aber wieder optimistischer in die Zukunft. Der Bund Deutscher Unternehmensberater vermeldet zum Beispiel eine gestiegene Nachfrage nach Unterstützung bei der Suche von Fach- und Führungskräften. Nachdem der Umsatz 2009 um rund 26 Prozent gesunken war, erwartet die Branche für 2010 eine Umsatzsteigerung von rund 11 Prozent. Auch bei der Besetzung von Vertriebspositionen merken wir den Nachholbedarf.
Eine ihrer Umfragen ergab, dass sich zum Ende des Krisenjahres 2009 jeder zweite deutsche Vertriebler beruflich verändern möchte. Ganz schön mutig, oder?
Verkäufer müssen von Natur aus risikobereit sein, müssen jeden Tag Entscheidungen unter Unsicherheit treffen. Das merkt man bei vielen auch am bewegten Lebenslauf. Hinzu kommt, dass zahlreiche Unternehmen ihre Verkäufer in den letzten zwei Jahren nicht gerade gut behandelt haben. Im Vertrieb sind zwischen 20 und 40 Prozent der Vergütung variabel, etwa in Form von Provisionen oder Erfolgsbeteiligungen. Und die fielen zu Krisenzeiten natürlich mager aus. Einige Unternehmen haben erkannt, dass ihre Umsatzerwartungen unrealistisch waren und sind ihren Leuten entgegengekommen. Andere sind damit weniger gut umgegangen – und das haben sich viele Beschäftigte gemerkt.
Verkaufen ist zumindest in Deutschland nach wie vor eine Männerdomäne. Nur rund 15 Prozent der Vertriebsmitarbeiter sind Frauen. Woran liegt das?
Für viele hat der Beruf immer noch das negative Image der „Drücker“ oder „Vertreter“. Die meisten landen eher zufällig im Vertrieb und stellen dann fest, dass ihnen die Arbeit Spaß macht – und noch dazu gut bezahlt wird. Hinzu kommt, dass beim Gehalt weniger Raum für unterschwellige Diskriminierung ist: Schließlich wird man nach Erfolg bezahlt, und der ist messbar. Einige Firmen wünschen sich von uns ganz gezielt weibliche Kandidaten. Frauen können sich gut in andere hineinversetzen, können komplexe Themen verständlich erklären und sind sehr serviceorientiert. Alles Eigenschaften, die einen guten Verkäufer ausmachen.
Wie sieht Ihrer Meinung nach der Vertriebsprofi der Zukunft aus?
Er vereint noch stärker als bisher Verkaufstalent mit Fachwissen. Produkte werden immer komplexer, die Technik entwickelt sich weiter. Gleichzeitig werden die Kunden anspruchsvoller. Es reicht nicht mehr, ihnen einen Katalog vor die Nase zu halten, sie wollen betreut und beraten werden. Dadurch wird die Rolle des Vertriebsmitarbeiters enorm gestärkt: Vom bloßen Verkäufer wird er zum Partner und Problemlöser.
Christopher Funk ist Geschäftsführer der Personalberatung Xenagos, die sich auf die Besetzung von Vertriebspositionen spezialisiert hat. Die Fragen stellte Silke Zorn.
erschienen in Der Tagesspiegel, 30.05.2010 Nr. 20630, S. K3
2010 stellen wieder mehr Firmen ein – gerne Frauen
von Silke Zorn
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